Architekten wollen attraktive Honorare und frei verhandeln – genau wie ihre Servicepartner
Um Projekte in der Architekturbranche zu realisieren, müssen Bauherren stolze Summen investieren. Da kommt mir die Vergütung nach HOAI oder auch höher recht kommod vor? In anderen Branchen ist das eher unüblich, außer bei Anwälten oder Steuerberatern natürlich. Dennoch scheinen Planer_innen oft der Ansicht zu sein, dass ihre Leistung nicht genug honoriert wird. Das kann ich nicht beurteilen, indes wird mir häufiger zugetragen: Wenn Architekten selbst Investitionen in Services tätigen sollen, stellen sie die Honorare gerne in Frage.
„Ihr Mitbewerber bietet Textkonzeptionen für 50 Prozent Ihres Honorars an. Und Sie jetzt?“ So lautete einmal die Reaktion eines Architekten auf mein Angebot. Er wollte den Preis drücken, ohne vorher abzuklären: Was wird geleistet, wie sind die Ergebnisse, was bringt es? Sicher wird er günstigere Anbieter finden, doch auch ich habe die Freiheit, nein zu sagen. Einzuknicken und vorschnell den Preis zu senken, ist sogar schädlich. Das wirkt so, als ob man weder vom eigenen Angebot überzeugt ist, noch davon gute Arbeit abzuliefern.
Deshalb habe ich Follower auf Instagram (Post) nach ihren Erfahrungen gefragt und ihre Antworten hier zusammengestellt. Sie stammen von 12 Servicepartnern, die für die Branche tätig sind sowie von Architekten und Innenarchitektinnen. Lest selbst und staunt!
1 Architekturfotografin
„Bravo Textart. Genau nach meinem Geschmack. Auch wir als Architekturfotografen kennen die Pappenheimer, denen es allein nur um den Preis geht, ohne mal genau hinzuschauen, welche Expertise man hat. Die Auseinandersetzung mit Architektur (Text wie Bild) auf hohem Niveau bedarf Erfahrung, Können, Fingerspitzengefühl für das Besondere, Wissen, worauf es ankommt, um hier nur einiges zu nennen. Auch wir haben längst die Scheu verloren, den Wert unserer Arbeit für lau zu verkaufen. Gute Arbeit für einen angemessenen Preis bringt Zufriedenheit auf allen Seiten.“
Ein alter Hut, das die allermeisten Verlage Autoren keine angemessene Vergütung zahlen. Kostenloskultur ist Trumpf (ohne) Fairness gegenüber freien Autoren, Konkurrenzdruck und wenig Verhandlungsgeschick.” Meike Hansen, Architekturfotografin, archimages.de und @meikehansen.photography.
2 Innenarchitektin
„Das sehe ich auch so, Erfahrung und Kompetenz müssen wertgeschätzt werden.“ Britta Weißer, Innenarchitektin, brittaweisser.de und @brittaweisser.
3 Architekturfotografin
„Ähnliche Anfragen bekomme ich als Architekturfotograf ebenfalls, gerade wenn es um die Nutzung von Architekturfotos geht, die ich für meinen Kunden gemacht habe: hier wird gerne von Zweit- und Drittparteien angefragt, ob sie denn Fotos kostenfrei nutzen dürfen. Sie werden dann auch ‘meinen Namen nennen’. Bitte liebe Leute, das ist kein Mehrwert und auch keine Win-win-Situation. Und impliziert auch gleich: meine Arbeit ist nichts wert. Aber wenn sie, die Arbeit als Fotograf und das entstandene Lichtbildwerk, doch nichts wert sind, warum wollen Sie dann unbedingt dieses Bild haben? Was hindert Sie denn daran, selbst zum Gebäude zu fahren und das Bild dann selbst zu machen? Gott sei Dank werden diese Anfragen immer weniger.” Gabrijela Obert, gabrical.com @gabricalphotography
4 Expertin für Akquise
„Ich nenne immer 3 schlagkräftige Argumente, warum ich im Preis leider nicht runter gehen kann - z.B 30-Jahre Expertise, Mehrwert für Kunden und absolute Kernkompetenz. Die Kunden wollen meist nur die Argumente hören. 😉. Das klappt zu 80% bei mir und ich bekomme dann doch den Auftrag. Denn die Kunden wollen ja mit mir arbeiten und nicht mit meinen Wettbewerber:innen 💪.” Susanne Diemann, Designerin und Expertin für Positionierung & Akquise, starkammarkt.de und @starkammarkt.
5 Interiordesignerin
„Solche Anfragen implizieren immer, dass Preise gewürfelt werden. Aber das ist nicht so. Expertise zu bekommen, verlangt Ausbildung und Erfahrung, das kriegt man auch nicht gratis. Auch Equipment gibt es nicht umsonst (möchte jemand wissen, was ein wirklich gutes CAD Programm kostet, jedes Jahr?). Wer Gutes möchte, muß auch gut dafür bezahlen, sonst geht die Rechnung nicht auf. Kein/e Kreative/r kann einen vernünftigen Job machen, wenn er/sie nebenher noch Taxi fahren muss.“
Kommentar von mir: Hinzu kommt die ‘Wertstiftung‘. Wenn ich einen lahmen Claim für eine Anzeige eines Keramikherstellers (Einfach das Richtige für alles) wandle in ‘Keramikfassaden für Schattenspieler’, ist das ja fast unbezahlbar. Der Allgemeinplatz wird zu etwas Besonderem, spezifisch für die Architekten. Im anderen Fall könnte eine ganz Kampagne vor die Wand fahren! Das darf dann kosten oder?
„Muss sogar. Leider sind die Ergebnisse solcher Änderungen viel schwerer messbar als z.B. der Einkauf einer neuen Maschine, die Arbeitsabläufe verbessert. Aber ich merke, dass die Wertschätzung für unsere Arbeit und damit die Anerkennung steigt. Da ist ein rosa Streif am Horizont.“ Nicola Bushuven, Interiordesignerin, nicolabushuven.com und @nicolabushuven.
6 Architekturfotograf
„Prima Beitrag und vollkommen richtig! Bei mir ist es so: Meine Kunden können sich zu 💯% auf mich verlassen und davon ausgehen, dass ich mich um die Realisierung der Projekte kümmere, egal was passiert. Der Einsatz setzt aber natürlich eine entsprechende Motivation voraus und die setzt in der Regel eine gute Bezahlung voraus. Oder anders gesagt: wenn von Anfang an nur auf den Preis geachtet wird, dann fehlt mir die Motivation fürs Projekt und das Interesse an einer Zusammenarbeit.“ Philip Kistner, Architekturfotograf, philippkistner.com und @philipkistner.
7 Agentur
„Der Kunde kam von einer Full-Service-Agentur, die zu Kampfpreisen für ihn gearbeitet hat. Wir haben mit ihm zunächst einen Workshop durchgeführt, bei dem es keine Diskussionen zum Preis gab. Danach haben wir aufbauend darauf ein Projekt erarbeitet, bei dem der Kunde im Nachgang noch wahnsinnig viele weitere Bausteine ‘nebenbei’ einfließen lassen wollte. Das ging vom Verfassen von Blog-Artikeln bis hin zu Erstellen von Landing Pages für Events. Außerdem war es für ihn ein großes Problem einen ‘solch hohen’ Preis zu zahlen. Der ‘hohe Preis’ unserer Projekt-umsetzung beträgt 3% seines Monatsumsatzes. DREI PROZENT. DES. MONATSUMSATZES.” Maximilian Dormann, Co-Gründer der Agentur whytespace, whytespace.de und @whytespacede.
8 Publizist
„Gutes Thema! Unsere Erfahrung: Angebot mit Leistungen klar benennen. Denn Leistungen /Arbeit = Kosten / Qualität / Erfahrung usw. Wenn es ausschließlich nur um die Zahl geht, dann war es vorher schon schief und dann kommt das von Dir angesprochene Stehvermögen rein. Jedenfalls: bei Wert und Schätzung kann man ordentlich daneben liegen.“ Jan Dimog, Publizist und Kulturschaffender Bereich Architektur, thelink.berlin und @thelink.berlin.
9 Architekt
„Auch wir schließen uns den obenstehenden Kommentaren an. Vielen Dank für den Post liebe Ute!👏 Der Kunde darf eine ehrliche Dienstleistung nicht mit einer Aktie vergleichen, die einen spekulativen Wert hat. Gute Arbeit muss gut honoriert werden, sonst stirbt gute Arbeit aus! 😢.“ Waldemar Weis, Architekt, wedo-x.de und @we_do_x.
10 Gründer Architekturplattform
„Super Post, Ute! Das Dilemma fängt bei der Wertschätzung an. Und es zeigt sich wie wenig Wert viele Büros auf eine Kommunikation nach außen legen. Leider. Architekt*innen: Ihr prägt unsere Städte und Umgebung, dann zeigt doch mit Eurer Kommunikation, wie wichtig Euch die Menschen sind, die in euren Gebäuden leben und arbeiten. Geht raus, seid sichtbar mit guten Texten, die eure Architektur erklären und eindrucksvollen Bildern, die uns eure Gebäude verstehen lassen. Kommt raus aus eurem Elfenbeinturm.“ Jörg Stiehler, Gründer der Architekturplattform MoA, mapofarchitecture.com und @map_of_architecture.
11 Architekturfotograf
„Sehr gute Einstellung. Diese Frage kenne ich aus eigener Erfahrung. Darauf kann ich gut verzichten. Ohne zu fragen, wie eine Zusammenarbeit stattfinden könnte, wird gleich nach dem Preis gefragt. Die ‘geizistgeil‘ Haltung macht uns alle kaputt. Auch den Architekten.” Aloys Kiefer, Architekturfotograf, aloyskiefer.com und @aloyskiefer.
12 Baukulter-Vermittlerin
„Qualität hat ihren Preis. Das müssen wir auch immer wieder erklären. Und alle Kunden sind hinterher begeistert!“ Kora Johanns, Architektin und Baukultur-Vermittlerin bei Ticket B. Berlin, ticket-b.de und @ticket.b.berlin.
Honorare souverän verhandeln
Eine Innenarchitektin meinte einmal zu mir: „Und dann versuchen die Bauherren auch noch, mich auf 50 Prozent der HOAI zu drücken.” Oha! Ein Bekannter von mir ist ebenfalls als Innenarchitekt tätig, aber kein Kammermitglied. Auf meine Frage, ob es deshalb nicht schwierig sei, nach HOAI abzurechnen, grinste er nur: „Habe mich noch nie an der HOAI, orientiert, sondern nehme höhere Honorare. Und meine Auftraggeber zahlen sie.”
Beides sind reelle Gespräche gewesen. Es zeigt sich also, dass Preise frei gestaltbar sind – auch nach unten und bestenfalls nach oben. Die eigenen Preise zu rechtfertigen mit „Ich habe 20 Jahre Erfahrung und Qualität hat halt ihren Preis…“, ist keine gute Idee. Kunden interessiert das nur bedingt.
Sinnvoller ist, wenn Ihr den Wert und Vorteil Eurer Dienstleistung vermittelt. Also die Transformation, die sich durch eine Zusammenarbeit ergibt. Ihr bringt Kunden von der Schatten- zur Sonnenseite und das auf Eure spezielle Art und mit bewährten Prozessen. Hilfreich im Vorfeld jeder Verhandlung ist natürlich, wenn Eure Website Kompetenz und Qualität ausstrahlt. Gute Referenzen sind wichtig und vor allem positives Feedback der Kunden zur Zusammenarbeit. Gerade letztes wird leider viel zu selten von Kreativen aus der Architektur- und Innenarchitektur genutzt. Traut Euch und fragt nach!
Wichtiger, als potenzielle Kunden unbedingt von einer Zusammenarbeit zu überzeugen, ist: gut zuhören und Fragen stellen. So findet Ihr heraus, wo der Schuh drückt und was Ihr dazu beitragen könnt, das Unternehmen zum Ziel zu bringen. Sinnvoll vor einem Gespräch ist, Kunden (vor)zu qualifizieren, ein mögliches Budget zu erfragen sowie Preisanker zu setzen. Dazu an anderer Stelle vielleicht einmal mehr, das sprengt den Rahmen des Blogartikels.
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About Ute Latzke ist Expertin für Kommunikation und Marketing in der Architekturbranche sowie Autorin & Bloggerin. Sie kreiert Textkonzeptionen für Websites und publiziert in Fachmedien. Als MUTivatorin hilft sie agilen, modernen Kreativen aus dem Bereich Architektur und Innenarchitektur, authentisch zu kommunizieren, digital sichtbar zu werden und bessere Kunden anzuziehen.