Agile Architekturbüros nutzen Marketing und sichern sich die Pole-Position im Wettbewerb
Wer bauen möchte, tätigt hohe Investitionen und trifft komplexe Entscheidungen. Ein Projekt egal welcher Größenordnung ist eine ganz andere Hausnummer als der Kauf eines PC oder Autos. Deshalb beauftragen Bauherren – egal ob Privat- oder Geschäftskunden – nicht „mal eben so“ ein Architekturbüro. Sie informieren sich, wollen beraten und inspiriert werden, prüfen Finanzierungen. Und das Bauchgefühl muss stimmen.
Im Vorteil ist, wer Interessenten die Entscheidung für das eigene Büro erleichtert. Nur Kompetenz und schöne Projekte zu zeigen, reicht heute nicht mehr aus. Das gibt es auch beim Mitbewerber – 40.000 Architekturbüros hierzulande. Damit Kunden bei Euch anfragen, braucht Ihr Sichtbarkeit und vor allem ihr Vertrauen. Der Weg dahin läuft über eine ansprechende Website kombiniert mit einer soliden Marketingstrategie. Doch hier herrscht in der Architekturbranche weiterhin eine gewisse Skepsis. Dass es sich lohnt, diese abzulegen, erfahrt ihr im Beitrag.
Fünf Prozent vom Umsatz fürs Marketing?
Eigentlich keine neue Erkenntnis: Einer > bitkom-Studie zufolge investierten 2021 Unternehmen im Durchschnitt 5 Prozent des Jahresumsatzes in Marketingmaßnahmen – sei es Website, PR, Social Media oder Contentmarketing. 2022 konzentrieren sich viele KMU auf die professionelle Erstellung hochwertiger Inhalte (Quelle sortlist). Dass Architekturbüros oder Innenarchitekten_innen in der Größenordnung ins Marketing investieren, halte ich für wenig wahrscheinlich. Dafür nehme ich zu viele Widerstände und festgefahrene Glaubenssätze wahr – in der Branche und bei direkten Gesprächen mit Kunden. Das ist schade, denn das bremst nur unnötig aus.
Die typischen Denkfallen und Totschlag-Argumente habe ich unten aufgegriffen und aufgelöst. Vielleicht ist das ein Impuls, das eigene Mindset zu justieren, um die passende Kommunikationsstrategin zügig anzugehen.
Läuft doch alles super bei uns. Noch!
Moderne Websites und Onlinemarketing gehören heute zum Standard, um passende Kunden anzuziehen. Kein Unternehmen kann sich allein auf Empfehlungen verlassen, auch nicht in Kreativbranchen wie Architektur oder Innenarchitektur. Hingegen scheint das Gros der Branche weder die Vorteile noch Dringlichkeit zu erkennen: Das häufigste Argument von Architekten ist: „Es läuft doch gut, brauchen wir alles nicht! Wir werden empfohlen.“ Auf die Frage nach einem Social Media-Account wie Instagram oder Linkedin winken sie ebenfalls ab: „Bringt doch eh nichts.“ So, so, das ist ganz schön viel Meinung für so wenig Erfahrung 😉. Die wenigsten haben es nämlich ausprobiert und wenn, halten sie nicht durch.
Und auch das obsolete Werbeverbot scheint nicht überwunden. So wird gleich allem, was nach Marketing riecht, eine Absage erteilt: nicht schicklich! Das ist kurzsichtig, irgendwann fällt es Euch auf die Füße. Spätestens, wenn es nicht mehr läuft.
unternehmerisch handeln im besten Sinne
Online- und Contentmarketing sind keine suspekte Werbung! Es geht eben nicht darum zu proklamieren: „Wir sind die tollsten Architekten, baut mit uns.” Der argumentative Fokus liegt auf den Menschen (Kunden!) mit ihren Bedürfnissen, Erwartungen und Wünschen. Und darauf wird die digitale Kommunikation ausgerichtet.
Ihr kennt den Spruch: Menschen kaufen von Menschen.
Im anglo-amerikanischen Raum sind Architekturbüros wesentlich aufgeschlossener gegenüber Marketing. Das ist auch nichts Anrüchiges: Wer digitale Chancen und Onlinemarketing nutzt, handelt verantwortungsvoll und im besten Sinne unternehmerisch. Hierzulande befasst man sich lieber damit, ob Texte korrekt gegendert sind... Oder ob solche Maßnahmen kammer-konform sind und überhaupt: Wir sind doch keine Marktschreier? Nein und lasst es Euch auch nicht einreden, seid lieber Eures Glückes Schmied.
Glaubenssätze zementieren den Status-quo
Wie Ihr diverse Maßnahmen betrachtet, ist eben Einstellungssache: Ich kenne agile Büros mit einem positiven Mindset, die mit der Zeit gehen. Sie nutzen alle digitalen Kanäle und Content-Marketing, um von passenden Kunden gefunden zu werden oder um Nachwuchs anzuziehen. Andere finden immer Gründe, warum etwas nicht klappt oder jetzt keine Zeit dafür ist. Wann denn, 2024? Bei vielen wird sich auch dann nichts getan haben. Zeit hat man nicht, man nimmt sie sich – wenn es einem wichtig ist.
Kann es sein, dass diese Glaubenssätze dem Zweck dienen, am Status Quo festzuhalten und sich nichts Neues trauen? Das rächt sich spätestens, wenn die Anfragen nicht mehr so eintrudeln. Zumal: Der Onlineauftritt eines ästhetisch geprägten Architekturbüros sollte immer Qualität und Kompetenz ausstrahlen. Alles andere macht auf Kunden und Nachwuchs zu jeder Zeit einen schlechten Eindruck, egal, wie „gut es läuft“.
Totschlagargument: Alles nur für junge Leute!
„Social Media ist doch nichts für ein seriöses Architekturbüro, sondern nur was für junge Leute... Sollen wir jetzt auf TikTok rummachen?” Das höre ich immer wieder. Die Einstellung ist Quatsch. Fakt 1: Eure Ansprechpartner – Bauherren sowie Entscheider – werden immer jünger und der Nachwuchs ist jung.
Fakt 2: In Deutschland nutzen bald 30 Millionen Menschen Instagram (laut shopify). Die meisten sind zwischen 24 und 44 Jahre alt. Sie informieren sich auf dem Netzwerk auch über die Architekturbranche und Bauprojekte. Studierende suchen dort passende Arbeitgeber. Also holt Eure Zielgruppen da ob, wo sie sich aufhalten. Das gediegene Alter der Geschäftsführer eines Büros sollte nicht zum Hemmschuh werden!
Autoritätsfalle: Der Meier hat auch gesagt…
Jetzt denkt der/die ein oder andere: „Ich würde ja was machen, aber der Meier vom XY-Büro hat auch gesagt: Bringt nichts, schon alles ausprobiert.” Wie ernsthaft hat er es probiert, hat er durchgehalten? In der Architekturbranche scheint man sich stark an den Ansichten und „Erfahrungen“ aus den eigenen Reihen zu orientieren. Interessant dabei: Bezüglich Social Media und anderer digitaler Maßen fallen die Einschätzung meist negativ aus. Und schon ist der eigene Glaubenssatz bestätigt, dass es sich nicht lohnt, damit anzufangen oder Zeit und Geld zu investieren. Lasst nicht zu, dass sich andere Euren Kopf zerbrechen, sondern probiert es aus.
6 Impulse für eine frische Denkart
Tipp 1: Positiv denken und auf Vorteile von Digitalisierung und Marketing konzentrieren: Eine gut gemachte Website und soziale Netzwerke sind Eure Bühne, bespielt sie! Kommuniziert Eure Positionierung, Projekte, Leistungen und alles über das tolle Team mit Ausdauer & Freude.
Tipp 2: Lernt und schreibt „Kundisch“. Richtet Eure Kommunikation an der Zielgruppe aus. Schreibt klar verständlich, emotional und formuliert nicht nur Leistungsmerkmale, sondern Ergebnisse, Emotionen und den Mehrwert Eurer Projekte für Nutzer.
Tipp 3: Raus aus der Vergleichbarkeit: Mit guten und nutzwertigen Inhalten (Content) differenziert Ihr Euch, so dass Kunden und Nachwuchs Euch kontaktieren und nicht die Wettbewerber.
Tipp 4: Erarbeitet Eure Kommunikationsstrategie: attraktive Website, professionelle Texte, Social-Media-Kanal, Content Marketing. Wenn Ihr das im Alltag allein nicht stemmen könnt, holt Euch Unterstützung. Die eingesparte Zeit könnt Ihr besser nutzen: gute Räume schaffen oder für die Akquise etc.
Tipp 5: Anderes Umfeld suchen oder erweitern: „Du bist der Durchschnitt der fünf Personen, mit denen Du die meiste Zeit verbringst.“ (Jim Rohn). Unsere engste Gruppe beeinflusst unsere Gedanken und Handlungen. Wenn die erzählt, dass etwas nicht funktioniert, dann glaubt Ihr es. Dazu passt: „Wenn du denkst, du bist der/die Schlauste im Raum, dann bist du im falschen Raum.“ Nehmt einen Coach, gründet eine Mastermind mit Kreativen aus anderen Bereichen.
Tipp 6: Folgt den richtigen Leuten. Lasst Euch von erfolgreichen Akteuren aus anderen Branchen inspirieren: Kommunikations- und Marketingprofis, Webdesginer, Fotografen und Kreativagenturen etc. Folgt ihren Social-Media-Accounts, heißer Tipp: Chris Do und The Futur is here.
Im Artikel Mensch Mach Marke fürs md magazin findet Ihr vertiefende Infos zu Personal Branding für die Architekturbranche.)
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About Ute Latzke ist Expertin für Kommunikation und Marketing in der Architekturbranche sowie Autorin & Bloggerin. Sie kreiert Textkonzeptionen für Websites und publiziert in Fachmedien. Als MUTivatorin hilft sie agilen, modernen Kreativen aus der Architektur- und Innenarchitekturbranche, authentisch zu kommunizieren, sichtbar zu werden und bessere Kunden anzuziehen.