Linkedin vs Instagram – Welches Netzwerk passt zu Architekten?
/Immer mehr Akteure aus der Architektur-, Bau- und Immobilienbranche entdecken Instagram für Social Media. Dennoch halten sich Vorbehalte: Instagram sei zu jugendlich, nicht seriös genug und darüber komme man nicht an die passenden Leute (Entscheider und Bauherren). Das favorisierte Netzwerk bleibt Linkedin. Deshalb habe ich die Business-Plattform unter die Lupe genommen – ein objektiv-subjektiver Erfahrungsbericht.
Die Idee: Wer weiß was?
Architekten und Architekturfotografen aus meinem Bekanntenkreis empfahlen mir, auf Linkedin aktiver zu werden. Schließlich ist die Business-Plattform in der Branche weiterhin angesagt. Ein guter Ort fürs Networking, dachte ich. Zwar wächst die Zahl der Architekten auf Instagram. Doch ihre Accounts pflegen sie eher halbherzig, zudem bestehen offenbar „Berührungsängste” mit der Community. Also habe ich Linkedin getestet. Seit etwa vier Monaten bin ich dort in zwei Architekten-Netzwerken aktiv. Ähnlich wie bei xing, FB oder Instagram laden Mitglieder auch hier Beiträge hoch. Sie weisen auf interessante Artikel und Veranstaltungen hin. Oder es werden neue Mitarbeiter, Freelancer, Bücher oder Software etc. gesucht, Motto: Wer weiß was? Vom Ansatz her schön und sinnvoll.
Interaktion? Like ist das höchste der Gefühle!
Doch was passiert anschließend auf Linkedin? Wenig bis nichts! Mitglieder, die Fragen stellen, Hilfe benötigen oder einen Veranstaltungshinweis geben, erhalten selten eine Antwort. Gibt wiederum jemand einen Tipp oder kommentiert, wird der- oder diejenige ignoriert. Ein bis zwei Likes sind das höchste der Gefühle. Testweise habe ich mich auch aktiv eingebracht oder kommentiert. Antwort oder Interesse? Nope. Es ist auch nicht Usus, dass sich jemand für einen Tipp oder Hinweis zu bedankt. Nun nehme ich mich nicht so wichtig, doch anderen Mitgliedern ergeht es ja ähnlich. Diese „Null-Dialoge“ sind auch in der Timeline von Linkedin dokumentiert und somit gut zu verfolgen. Da passiert auch Tage später nichts mehr. Zumal die geteilten Beiträge so frisch sind wie trocken Brot: Wenn ein paar Posts pro Tag hochgeladen werden, ist das viel. Und das bei über 4.000 Mitgliedern in beiden Architekten-Netzwerken.
Auch vor Corona lief es nicht anders. Das Ganze erinnert mich an die aktuellen Geisterspiele der Bundesliga. Also: Die Architekten halten sich auf Linkedin ähnlich vornehm zurück, wie auf Instagram erlebt. Spitze Zungen sagen, dies sei systemimmanent :-).
Für Statistikfans ein paar harte Fakten
Linkedin hat in der DACH-Region etwa 14 Millionen Mitglieder. Die Basicversion ist gratis, die Premium- und Businessmitgliedschaft kostet 14,94 bzw. 29,95 Euro (Quelle: staffexperts). Instagram steht kurz davor, in Deutschland die 20 Millionenmarke zu knacken (mittlerweile hat Instagram knapp 28 Mill. Nutzer, akt. Anfang 2022). Das Busisnessprofil ist gratis! 60 Prozent der Nutzer sind täglich auf Instagram und das für rund 45 Minuten (Quelle: digitalnewsreport.org). Die Möglichkeiten, Content zu veröffentlichen und die Reichweite zu steigern, sind vielfältig: Posts, Stories, Videos und IGTV. Die Analyse-, Statistik und Marketingtools, auf die Nutzer von Instagram kostenlos Zugriff haben, sind sehr umfangreich. Und entgegen vieler Annahmen lässt sich Instagram (mit eingeschränkten Funktionen) längst via Browser bedienen. Für wenige Euro im Monat gibt es passende Tools für den Desktop.
Instagram ist die Abkürzung zur Zielgruppe
Mit Instagram erreichen Architekten recht schnell viele Menschen, die Vernetzung ist einfach. Übliche Praxis auch bei mir: Man tritt in Kontakt etwa über die Kommentare oder DM (Direct Message). Dann folgt der Weg zur Website (oder umgekehrt) sowie eine E-Mail oder ein Anruf. Allerdings gilt auch hier: Wer sich ausschweigt und seine Community ignoriert, bestätigt lediglich sein Vorurteil, Instagram bringt doch nichts. Für einen guten Draht zur Zielgruppe braucht es guten Content, eine Strategie und vor allem Interaktion. Aber das ist genau der Knackpunkt bei vielen Architekten-Accounts: Mehr als Fotos hochladen, läuft auf Instagram nicht.
Das Argument, Bauherren, Entscheider oder Architekturinteressierte seien verstärkt auf Linkedin aktiv, zieht auch nicht mehr: Das Gros der aktuellen und – wenig digital-affinen – Ansprechpartner wird älter, eine jüngere Zielgruppe auch auf Entscheiderebene rückt nach. Die lässt sich auf Instagram inspirieren – wo sonst? Vielleicht noch auf Pinterest.
Mein Fazit
Wer als Architekt oder Immobilienentwickler gute Erfahrung auf Linkedin gemacht hat, pflegt das Netzwerk weiter. Why not? Es gibt hier kein entweder oder! Er/sie sollte es nur nicht versäumen, auf Instagram aktiv zu werden. Die Betonung liegt auf „AKTIV": Wer meint, schöne Fotos von Gebäuden zu posten, reicht aus und schon kommen Anfragen oder Aufträge, liegt falsch. Das ist auch nicht das (primäre) Ziel von Instagram. Es geht darum, sich eine Community aufzubauen und diese mit Mehrwert zu inspirieren! Motto: Was kann ich für andere tun, was ist interessant für meine Follower? Instagram ist ein soziales (!) Netzwerk und gerade deshalb ideal für Architekten, sich zu positionieren und Beziehungen aufzubauen. Denn es geht neben reinen Informationen zu Bauwerken auch um Transparenz und Verantwortung. Vor allem aber darum, Menschen für zeitgemäßes Bauen zu begeistern. Das ist eine Bringschuld!
Akteure sollten ihre Glaubenssätze hinterfragen, ob all das auf Linkedin tatsächlich besser gelingt?! Auch die vermeintliche Seriosität von Linkedin hilft wenig, wenn es dort kaum Resonanz und Interaktion gibt. Angesichts von 40.000 Architekturbüros in Deutschland ist es höchste Zeit, sich klar zu positionieren und Reichweite zu erhalten. Aus meiner Einschätzung und Erfahrung nähert sich Linkedin für Architekten dem Verfallsdatum.
Wie Architekten Instagram geschickt nutzen, lest Ihr in meinem Blogbeitrag „textart Manifest für Architekten und Planer“.
Über meine Berg- und Talfahrt auf Instagram schreibe ich in meinem Gastbeitrag „Instagram ist das Must-have" im Blog der Instagram-Expertinnen diepinatas. Schonungslos offen! Schaut mal vorbei.